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Wenn die Hand nicht mehr das tut, was sie soll …

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Priv.-Doz. Dr. med. Jürgen Kopp untersucht die operierte Hand von Martina Wagner und ist zufrieden mit dem OP-Ergebnis

Die Hand der 82-jährigen Martina Wagner tut seit einiger Zeit nicht mehr, was sie eigentlich soll. Vergangenes Jahr wurde bei ihr ein hochgradiges Karpaltunnelsyndrom diagnostiziert, eines der häufigsten Nervenkompressionssyndrome. Besonders stark war ihre Feinmotorik betroffen. „Eine Nadel zu halten oder einen Knopf anzunähen, war nicht mehr möglich. Drei Finger der rechten Hand waren einfach taub. Und alles mit links zu machen, geht ja auch nicht“, schmunzelt die Rechtshänderin. Vor wenigen Wochen hat sie sich deshalb für eine OP bei unserem Chefarzt Priv.-Doz. Dr. med. Jürgen Kopp in der Klinik für Plastische, Hand- und Mikrochirurgie im DIAKOVERE Friederikenstift entschieden. Seitdem geht es bergauf, das Gefühl in der Hand sei noch nicht ganz zurück, aber schon wieder wesentlich besser.

Immer mehr Menschen leiden unter sogenannten Nervenkompressionssyndromen. Hierzu zählen Erkrankungen, die vor allem am Arm oder der Hand auftreten und häufig durch chronische Entzündungen oder Verletzungen ausgelöst werden.
Am meisten betroffen sind der Mittelhandnerv auf Höhe des Handgelenkes (Karpaltunnelsyndrom) sowie der Ellennerv im gesamten Verlauf des Armes (Kubitaltunnelsyndrom). Diese Nerven durchlaufen anatomische Engstellen, die unter bestimmten Konstellationen die Nerven einengen können. Mit Fortschreiten der Einengung verändert sich die Fähigkeit des Nervs, Reizströme zu leiten, so dass druckbedingt die Nervenscheide abgebaut wird.

Zum Tag der Hand 2021 am 1. März  - ausgerufen von der Deutschen Gesellschaft für Handchirurgie - haben wir mit Priv.-Doz. Dr. med. Jürgen Kopp über die Ursachen und Folgen von Nervenkompressionssyndromen gesprochen.

Herr Dr. Kopp, wie fühlt sich die Krankheit für den Patienten an und wie verändern sich die Symptome im Laufe der Zeit?
Die Patienten leiden zunächst an kribbelnden Missempfindungen, die bei fortschreitender Erkrankung die Patienten nachts kaum noch schlafen lassen. Im Extremfall kann bei andauernder Erkrankung das Kribbeln in eine Taubheit übergehen. Auch sind aufsteigende Schmerzen zunächst im Unterarm und dann im weiteren Verlauf bis hinauf zur Schulter möglich. Parallel dazu können eine Abnahme der Kraft und der Muskelmasse im Bereich der Hand zu beobachten sein. Ist der betroffene Nerv auch für motorische Funktionen zuständig, kann es schlimmstenfalls zu Funktionsausfällen kommen.

Gibt es Faktoren, die die Entstehung eines Nervenkompressionssyndromes begünstigen?
Ja: Diabetes, Schilddrüsenunterfunktion, Alkoholismus, Übergewicht, erhöhter Tabakkonsum. Weitere Faktoren sind Unfälle, hier vor allem Knochenbrüche und Gelenkinstabilitäten sowie sogenannte Kompartmentsyndrome, wo es durch ein
massives Anschwellen von Gewebe zu einer Kompression von Nerven kommen kann.

Wie stellen Sie ein Nervenkompressionssyndrom fest?
Durch Erhebung einer genauen Anamnese, der sorgfältigen körperlichen Untersuchung und letztendlich dem Ergebnis einer durch einen Neurologen durchgeführten Nervenleitgeschwindigkeitsmessung.

Bis zu welchem Punkt hilft eine konservative Therapie und ab wann sollte man über eine OP nachdenken?
Bei sehr milden Verläufen oder einem gerade beginnenden Karpaltunnelsyndrom kann der Versuch einer konservativen Therapie mittels Schiene und Ruhigstellung erfolgen. Kommt es unter dieser nicht zu einer Besserung beziehungsweise zu einer fortschreitenden Verschlechterung, muss operiert werden.

Was geschieht bei einer OP und wie hoch sind die Erfolgschancen auf eine dauerhafte Heilung?
Bei einem operativen Eingriff wird in der Regel die verursachende Engstelle beseitigt und somit der Nerv dekomprimiert. Bei dann fehlendem Druck kann der Körper die in Mitleidenschaft gezogene Nervenscheide regenerieren. In der Regel sind die meisten Patienten nach einer Operation direkt oder zeitnah beschwerdefrei, insbesondere wenn die Symptome noch nicht so lange vorhanden waren. Liegt jedoch ein bereits länger bestehendes Nervenkompressionssyndrom mit bereits bestehender Taubheit oder motorischen Ausfällen vor, ist die Regenerationszeit deutlich länger. Besteht die Krankheit bereits über Jahre hinweg, kann eine vollständige Regeneration nicht garantiert werden.

Womit kann man dem Auftreten von Nervenkompressionssyndromen vorbeugend entgegenwirken?
Bei Diabetikern ist sicherlich die optimierte Einstellung der medikamentösen Behandlung hilfreich. Bei Patienten mit einer Schilddrüsenunterfunktion kann die Einnahme von Schilddrüsenhormonen das Risiko senken. Und letztendlich können die
Optimierung des Körpergewichtes, die Vermeidung regelmäßigen und übermäßigen Alkoholgenusses sowie die Aufgabe des Nikotinkonsums hilfreich sein.

 
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