Vorderer Knieschmerz

Das Patellofemoralgelenk (Gelenk zwischen Kniescheibe und Oberschenkelknochen) ist einer besonders hohen funktionellen Beanspruchung ausgesetzt. Grundsätzlich kommen Erkrankungen im Gelenk, der äußeren Weichteile oder Fehlstellungen der Gelenkpartner als auslösende Ursachen für Beschwerden in Frage. Die Hauptursache der Beschwerden besteht häufig in einer Fehlstellung der Kniescheibe im femoropatellaren Gleitlager. Durch die Dezentrierung kann es einerseits zu einer Fehlbelastung der die Patella (Kniescheibe) stabilisierenden Weichteile, andererseits infolge der ungleichen Knorpelbelastung hinter der Kniescheibe (retropatellar) zu Erweichungen und Rissbildungen des Knorpels mit nachfolgenden Belastungsschmerzen kommen (Therapie siehe Bereich „Knorpelschaden“). Eine vorliegende Ausrenkungstendenz (Luxationstendenz) der Patella mit evtl. auftretenden vollständigen Luxationen stellt aufgrund der vielfältigen Ursachen eine besondere diagnostische und therapeutische Herausforderung dar.

Die Vorgeschichte der Patienten ist häufig sehr vielfältig. Es finden sich nicht selten frustrane Episoden konservativer und (zu) häufig auch operativer Therapieversuche. Die von den Patienten beschriebenen Symptome sind trotz der unterschiedlichen Ursachen häufig sehr ähnlich:
 

  • Einfache Schmerzsensationen bei Belastung des Kniegelenks (z.B. Treppensteigen, tiefes Hocken)
  • Episodenhafter Ruheschmerz (langes Sitzen mit angewinkelten Beinen) bis zu Dauerschmerz.
  • Schmerzen bei sportlichen oder beruflichen Tätigkeiten mit vermehrter patellofemoraler und allgemeiner Belastung des Kniestreckapparates.
  • Mechanische Symptome, wie Krepitationen, Einklemmungen oder ein Überspringen der Patella. Eine möglicherweise damit vorhandene Instabilität der Patella im Sinne von Subluxationen oder vollständigen Luxationen. Die Art des Auslösers für die Luxation (Bagatellbewegung oder adäquates Trauma) genaueren Aufschluss auf den Grad der Instabilität geben.


Diagnostik

Bevor eine Therapie erfolgt, muss eine ausführliche klinische und bildgebende Diagnostik erfolgen um die richtige Behandlungsmethode zu wählen. Bei der klinischen Untersuchung wird ein besonderes Augenmerk auf evtl. Achsfehlstellungen und den Grad einer evtl. Instabilität der Kniescheibe (Patella) gelegt. Muskuläre Dysfunktionen und Defizite sind ebenfalls zu beachten da sie nicht selten mit ursächlich für unspezifische vordere Knieschmerzen sind.

Im Rahmen der bildgebenden Diagnostik sind Röntgenaufnahmen und meistens die Durchführung einer Magnetresonanztomographie (MRT) notwendig. Falls eine Fehlstellung der Gelenkpartner oder evtl. Achs- und Rotationsfehlstellungen vorliegen sind evtl. weitere Aufnahmen durch eine Ganzbein-Röntgenaufnahme oder eine Computertomographie nötig.

 

Patellainstabilität

Kniescheibenluxationen stellen aufgrund ihrer vielfältigen Genese eine große therapeutische Herausforderung dar.

Auf Basis einer detaillierten klinischen und radiologischen Untersuchung wird ein individuelles Therapiekonzept erstellt. Dabei müssen Achs-, Rotations- und Gleitrinnenfehlstellungen, Kniescheibenstellung und Weichteilstatus zwingend in die Entscheidungsfindung einbezogen werden.

Operative Therapiemöglichkeiten:

Rekonstruktion des medialen patellofemoralen Ligaments (MPFL)

Die Rekonstruktion des MPFL wird zur operativen Stabilisierung einer chronisch rezidivierenden, nach außen (lateral) luxierenden Patella eingesetzt. Da bei einer chronisch rezidivierenden Patellaluxation von einer chronischen Insuffizienz oder Elongation des vorhandenen MPFL (Band, welches die Kniescheibe nach innen hauptsächlich stabilisiert) ausgegangen werden kann, stellt nur die Rekonstruktion eine biomechanisch suffiziente Stabilisierung dar.

Wir verwenden eine „dynamische Technik“ bei der eine Sehne am sog. Pes anserinus abgesetzt, umgeleitet und am inneren Patellarand fixiert wird. Die Sehne verbleibt dabei in der Kontinuität mit dem muskulären Ursprung, sodass eine individuelle Spannung derselben ermöglicht wird. Mithilfe dieser Technik ist eine adäquate Spannung des Transplantats, eine Minimierung der Befestigungen der Sehnenenden und eine dynamische Anpassung der Transplantatspannung durch eine entsprechende Muskelaktivitä̈t möglich.

Medialisierung bzw. Distalisierung der Tuberositas tibiae

Bei der Medialisierung der Tuberositas tibiae wird eine knöcherne Versetzung des Ansatzes der Patellarsehne nach innen durchgeführt. Diese operative Therapie dient als kausale Behandlung einer knöchernen, anatomischen Fehlstellung bei der die Zugrichtung des Streckapparates vermehrt nach innen verlagert wird. Neben der Medialisierung der Tuberositas tibiae kann durch eine Distalisierung (nach unten gerichtete) Versetzung gleichzeitig eine möglicherweise bestehende Patella alta (hochstehende Patella) korrigiert werden (Abb. 2). Manchmal wird dieses Verfahren bei signifikanter Schädigung der medialen Weichteile oder ungenügendem Stabilisierungseffekt auch in Kombination mit einer MPFL-Rekonstruktion durchgeführt.

Trochleaplastik

Falls eine erhebliche Fehlanlage des Gleitlagers (Trochlea femoris) vorliegt, ist in Einzelfällen eine operative Vertiefung derselben notwendig. Dies trifft insbesondere dann zu wenn ein ausgeprägter „Buckel“ vorhanden ist, der ein Überspringen der Patella verursacht und neben der Instabilität häufig zu Knorpelschäden hinter der Kniescheibe führt. Auch bei diesem Verfahren ist nicht selten die Kombination mit einer MPFL-Rekonstruktion notwendig.


Plicasyndrom

Ursächlich für ein sog. Plicasyndrom ist häufig eine synoviale inflammatorische Reaktion der Plica mediopatellaris (Entzündliche Veränderung einer angeborenen Schleimhautfalte des Kniegelenks). Dadurch kommt es zum Verlust der Elastizität mit Verdickung und Verhärtung und folgend zu einem Art Reiben über der inneren Femurkondyle oder auch zu einer Einklemmung (Shelf-Syndrom) zwischen Patella (Kniescheibe) und Femurcondyle (Oberschenkelknochen). Dies kann auch zu einem Knorpelschaden führen. Die Beschwerden sind häufig unspezifisch und meist im Bereich der Vorder-/ Innenseite des Kniegelenkes zu finden. Der Schmerz tritt dabei meistens intermittierend auf und kann genauso schnell wieder verschwinden.

Falls es in einem Zeitraum von etwa 3–6 Monaten und intensiv durchgeführter adäquater konservativer Therapie zu keiner deutlichen Beschwerdelinderung kommt, kann die arthroskopische Entfernung in Erwägung gezogen werden. Dabei wird die Schleimhautfalte mit einer Stanze oder einem Shaver-Instrument reseziert.


Patellaspitzensyndrom (Jumper’s Knee)

Das Patellaspitzensyndrom stellt hauptsächlich eine Überlastungskrankheit der Patellarsehne mit Schmerzen am unteren Pol der Kniescheibe (Patella) dar. Der Name „Jumper´s Knee“ ist aufgrund der Tatsache entstanden, dass häufig Sportler aus Sportarten mit häufiger Sprungbelastung (z.B. Basketball) betroffen sind. Der Schmerzort kann oft sehr präzise am Übergang der Patella zur Patellarsehne lokalisiert werden. Zu Beginn verschwinden die Beschwerden häufig im Verlauf der sportlichen Belastung und treten erst dann nach einer längeren Ruhepause wieder verstärkt auf. Dies führt häufig dazu, dass der Sportler den Schmerz zunächst ignoriert. Im Verlauf kommt es dann auch zur vermehrten Schmerzhaftigkeit bei der sportlichen Ausübung mit zunehmender Einschränkung der Sportfähigkeit. Letztendlich können die Schmerzen auch im Ruhezustand vorhanden sein.

Bei Vorliegen eines chronischen Patellaspitzensyndroms und erfolgloser konsequenter konservativer Therapie, wird operativ vorgegangen. Wir bevorzugen aufgrund der geringeren Invasivität und der dadurch eventuell schnelleren Rehabilitation das arthroskopische Vorgehen mit Denervierung des betroffenen Areals und Resektion einer evtl. prominenten knöchernen Ausziehung der Patellaspitze, welches ein Reiben der Patellarsehne verursachen und damit die Ursache der Beschwerden beseitigt werden kann. Bei ausgeprägten Befunden kann allerdings auch ein offenes Vorgehen mit einer kleinen Inzision über dem betroffenen Areal notwendig sein.

 

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