Behandlung im MZEB Annastift

Über Bruno Valentin

Professor Bruno Valentin          

20.9.1885 - 15.10.1969

1924 – 1936 Chefarzt des Annastifts

„Landeskrüppelarzt“ der Provinz Hannover

Ab 15. Mai 1936 befinden sich meine Praxisräume nicht mehr im Annastift, sondern Arnswaldstraße 7 p.

Diesen schlichten Satz schreibt Prof. Dr. med. Bruno Valentin kurz nach seiner Entlassung aus dem Annastift. Bis dahin war er 12 Jahre lang Chefarzt, ein äußerst anerkannter Orthopäde und außerordentlicher Professor an der Tierärztlichen Hochschule Hannover.

Mit Beginn seines Dienstes im Annastifts 1924 ernannte ihn die Provinz Hannover zum Landeskrüppelarzt. Bis in den letzten Winkel Niedersachsens ist er in den Jahren gefahren, hat Tausende „Krüppel“ untersucht.

Und schließlich ist Prof. Valentin auch Ehemann und Vater, wohnt mit seiner Frau Martha und den gemeinsamen Kindern Gerhard und Hedwig zuerst im Annastift, dann in der Nachbarschaft.
Der Provinzialverband Hannover kündigt ihm 1936, weil er Jude ist. Ein drastischer Wendepunkt in seinem Leben.                                                                                        

Die „Deutsche Vereinigung für Krüppelfürsorge“ drängt das Annastift im Mai 1933.
„Professor Valentin muss weg, und mit ihm zwei Ärzte, denn sie sind nicht arisch“.

Außerdem soll Professor Valentin ein vorgesehenes Hauptreferat auf einer Tagung nicht mehr halten.
Im März 1934 wirft der „Verband angestellter Ärzte und angestellter Apotheker“ dem Annastift vor, dass Professor Valentin und zwei nichtarische Ärzte immer noch dort arbeiten würden.


Professor Valentin genieße als Teilnehmer am Ersten Weltkrieg und Inhaber des „Bronzenen Verwundeten Abzeichens“ den Schutz des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums, antwortet Pastor Friedrich Arends, Vorsteher des Annastifts, dem Provinzialverband Hannover. Der Verband wiederum setzt sich gegenüber der NSDAP für Prof. Valentin ein.                                                                                                                    

Das nützt alles nichts: Der Provinzialverband teilt dem Annastift im August 1935  die Entlassung Prof. Valentins als Landeskrüppelarzt mit, und die „zweite Verordnung zum Reichsbürgergesetz“ verlangt, dass Prof. Bruno Valentin zum 31. März 1936 seinen Posten als Chefarzt räumen muss.                                                                                                   
Valentin eröffnet einige Wochen später seine private Praxis im Stadtzentrum Hannovers, in der er allerdings nur Menschen jüdischen Glaubens behandeln durfte.

Er wird gespürt haben, dass sein Leben im Hitler-Deutschland keinen guten Verlauf nehmen würde.



Die Rettung:
Anfang 1939 emigrieren er und seine Frau nach Rio de Janeiro in Brasilien. Die Medizin und insbesondere die Orthopädie lassen ihn zeitlebens nicht los. 1961 schreibt Prof. Valentin eine „Geschichte der Orthopädie“.

Der Deutschen Botschafter in Brasilien verleiht ihm 1965 in Rio de Janeiro das Große Bundesverdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland.        

Man mag es nicht glauben: Kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs organisiert Prof. Valentin Sammlungen (Lebensmittel und Kleidung) für die Menschen im Annastift.

 

1951 kehrt das Ehepaar Valentin das erste Mal nach Hannover zurück, ab 1967 wohnen die beiden in der hannoverschen Südstadt. Zwei Jahre später stirbt Prof. Dr. med. Bruno Valentin, der zwischenzeitig auch mit der Ehrendoktorwürde ausgezeichnet worden ist, im Alter von  84 Jahren. Er wird auf dem städtischen Friedhof Seelhorst in Hannover beigesetzt.

Vieles aus seinem Leben wissen wir durch seine Kinder und Enkel, die in Brasilien und Kanada lebten oder aufgewachsen sind. Mit großer Freude haben sie die Nachricht aufgenommen, dass das Annastift ihren Großvater ehrt, indem es das Medizinische Zentrum  für Erwachsene mit Behinderung nach ihm benennt: das Bruno Valentin Institut.

Zur Eröffnung des Bruno Valentin Instituts verfasst die Historikerin Dr. Gabriele Bergner (Teltow) eine Biographie, die uns Einblicke in das Leben eines renommierten Mediziners gewährt, der zugleich mit seiner Persönlichkeit beeindruckt.

 
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