Prähabilitation

Altersadaptiertes Behandlungskonzept in der Allgemein- und Viszeralchirurgie rund um die Operation

Sehr geehrte Patientin, sehr geehrter Patient,

Die demographische Entwicklung der letzten Jahrzehnte zeigt eine deutliche Verlängerung der Lebenserwartung, so dass auch in der Chirurgie eine stete Zunahme von älteren und zum Teil sehr betagten Menschen zu erleben ist. Das Risiko einer bösartigen Tumorerkrankung steigt z.B. mit dem Alter. Ebenso liegen mit zunehmendem Alter häufig Begleiterkrankungen und/oder eine Mangelernährung vor. Hinzu kommt, dass ein Krankenhausaufenthalt  für einen älteren Menschen eine relevante Belastung darstellt, denn der der gewohnte Tagesablauf entfällt. Darüber hinaus können Angst vor Untersuchungen und Eingriffen sowie sorgenvolle Gedanken hinzukommen.

Zusammen ergeben sich hier für die chirurgische und pflegerische Behandlung Herausforderungen, denen wir mit dem Angebot einer sogenannten Prähabilitation begegnen möchten. Der Begriff „Prähabilitation“ bedeutet eine gezielte Vorbereitung auf einen operativen Eingriff, da das Alter an sich nie Ausschlusskriterium für die Durchführung einer Operation oder einer anderen Behandlung darstellt. Es geht um die Verbesserung der körperlichen Funktionen und des Leistungszustands. Unser Augenmerk liegt darum auf der Vorbereitung eines Eingriffs – wir möchten entsprechende Patienten frühzeitig erkennen, um sie einer individuellen Vorbereitung zuführen zu können. Dabei ist ein wichtiges Ziel, das Risiko des postoperativen Delirs zu senken. Zudem möchten wir die Lebensqualität und Selbstständigkeit erhalten, idealerweise sogar auch verbessern, um eine baldige Entlassung in die häusliche Umgebung zu ermöglichen.

Warum braucht es Prähabilitation und altersadaptierte Maßnahmen?

Das Alter bringt einen veränderten, oft verlangsamten Stoffwechsel mit sich. Auch  manche Organfunktionen des Körpers laufen nicht mehr ungestört ab. So ist die Erholung älterer Menschen nach einem operativen Eingriff im Vergleich zu Jüngeren häufig verzögert. Bei einem geplanten operativen Eingriff gilt es, nicht nur die akute Erkrankung gut zu behandeln, sondern auch Begleiterkrankungen anderer Organe zu berücksichtigen. Insbesondere ältere und in ihren Hirnfunktionen möglicherweise bereits  beeinträchtigte Menschen haben ein erhöhtes Risiko, während des Krankenhausaufenthaltes einen akuten Verwirrtheitszustand (ein sogenanntes „Delir“) zu entwickeln. Dies bleibt häufig nicht folgenlos und kann sich langfristig negativ auf die gesamte Lebenssituation auswirken - trotz eigentlich erfolgreicher Operation.

Aus unterschiedlichen Studien ist bekannt, dass Patienten in einem körperlich fitteren Zustand weniger Komplikationen erleiden und zumeist einen kürzeren Krankenhausaufenthalt benötigen (1).  Daraus ist erkennbar, dass körperliches Training und die Verbesserung der Kondition vor einem Eingriff einen förderlichen Beitrag für den postoperativen Verlauf leisten können.  Bewegung hat neben dem positiven Effekt auf die Psyche eine antientzündliche und abwehrstärkende Wirkung, so dass auch die Wundheilung durch körperliches Training beeinflusst werden kann (2). Gerade nach Mitteilung einer Krebsdiagnose ist es nicht immer einfach, die Motivation und Kraft für körperliches Training zu finden. Wir möchten unsere Patienten dabei unterstützen, das Vertrauen in den eigenen Körper zurückzugewinnen, in dem sie ihre Muskelkraft und Beweglichkeit, aber auch ihre Atemfunktion trainieren.

Ablauf im Rahmen unserer Sprechstunde

Das numerische Alter entspricht bekanntermaßen nicht immer dem biologischen Alter. Dies bedeutet für den Behandler, dass er den Risikopatienten identifizieren muss, um ihn optimal einstellen zu können. Im Rahmen unserer Sprechstunde, zu der Sie bitte nach Möglichkeit in Begleitung einer Vertrauensperson erscheinen sollten, werden wir zum einen die Befunde Ihrer aktuellen Erkrankung sichten, aber auch eine Risikoevaluierung anhand von speziellen Fragebögen und Tests vornehmen. Abhängig von den Ergebnissen bieten wir Ihnen einen Anschlusstermin an, wo wir verschiedene Gesichtspunkte (Ernährung, Mobilität, Sturzrisiko) vertiefen werden. Wir werden besprechen, mit welchen Maßnahmen eine Verbesserung oder Stabilisierung Ihrer Verfassung erreicht werden kann. Dazu gehören u.a. ein gezieltes Muskeltraining sowie Atemübungen und eine Verbesserung des Ernährungszustandes. Da im Angesicht einer Operation dafür nicht unbegrenzt Zeit zur Verfügung steht, möchten wir Ihnen Motivation und Hilfestellung für eine effektive Gestaltung geben. So erreichen wir für den geplanten Eingriff eine optimierte Vorbereitung.

Bereits jetzt wünschen wir Ihnen alles Gute für eine eventuell anstehende Behandlung – zögern Sie nicht, uns anzusprechen.

Mit freundlichen Grüßen

Prof. Dr. Joachim Jähne                                                                                                             Dr. Kristina Götzky

 


Quellen

1 Moran J, Guinan E, McCormick P, et al. The ability of prehabilitation to influence postoperative outcome after intra-abdominal operation: A systematic review and meta-analysis. Surgery. 2016; 160(5):1189-1201
2 Goh J, Niksirat N, Campell KL. Exercise training and immune crosstalk in breast cancer microenvironment: exploring the paradigms of exercise-induced immune modulation and exercise-induces myokines. Am J Transl Res. 2014.; 6(5):422-438.

 
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