Sektion Tumororthopädie
Insgesamt betrachtet stellen Tumore des Muskel- und Skelettapparates seltene Krankheitsbilder dar.
Die bösartigen Formen, die Knochen- und Weichteilsarkome, haben einen Anteil von ca. 1% aller Krebserkrankungen. Deutlich häufiger - weitaus in den meisten Fällen - handelt es sich um Tochterabsiedlungen (Metastasen) eines anderen, nicht primär im Knochen liegendem Tumor.
Die meisten Tumore oder tumorähnlichen Läsionen sind jedoch gutartig und sehr viel häufiger als die bösartigen Tumore (Sarkome). Wichtig ist, diese sicher zu unterscheiden, da unterschiedliche Therapiekonzepte erforderlich sind. Viele der gutartigen Tumore bedürfen keiner besonderen Therapie oder Überwachung.
In Anbetracht dieser Seltenheit und der Komplexität von Diagnosestellung und teils interdisziplinärer Therapie ist die Versorgung in spezialisierten Fachkliniken wie der Orthopädischen Klinik der MHH im DIAKOVERE Annastift in Verbindung mit dem Tumorzentrum der Medizinischen Hochschule sinnvoll.
Im Annastift wurde für die optimale Diagnostik und Therapie von Knochen- und Weichteiltumoren eine eigene Sektion für Tumororthopädie aufgebaut, die in das Department Endoprothetik, Gelenkerhalt & Prävention im Annastift und in das Tumorzentrum der Medizinischen Hochschule Hannover eingegliedert ist.
Das Tumorzentrum der Medizinischen Hochschule Hannover, zu dem unsere Abteilung gehört, ist von der Deutschen Krebsgesellschaft zertifiziert und ist als spezielle Fachklinik für die Versorgung dieser Krankheitsbilder ausgezeichnet worden.
Patienten, bei denen der Verdacht auf eine Raumforderung im Bereich der Knochen- und Weichteile besteht, erhalten in der Spezialsprechstunde für Tumororthopädie eine zielführende Diagnostik und ausführliche, individuelle Beratung. In Zusammenschau aller Befunde erfolgt die Diskussion des Falles in der interdisziplinären Tumorkonferenz für Knochen- und Weichteiltumore, die einmal pro Woche im Tumorzentrum der Medizinischen Hochschule stattfindet. In Abhängigkeit des Ergebnisses der Tumorkonferenz wird das empfohlene/ festgelegte Therapieprozedere mit dem Patienten und Angehörigen besprochen und koordiniert.
Sollte bei Ihnen bzw. Ihrem Patienten ein unklarer, abklärungsbedürftiger Befund des Muskel- und Skelettapparats vorliegen, sind Sie herzlich eingeladen, sich in der Spezialsprechstunde für Tumororthopädie vorzustellen.
Weitere Informationen
Kontakt und Sprechstunde
Tumor-Spezialsprechstunde
jeden Mittwoch 8:00–14:00 Uhr
Kontaktaufnahme- und Terminvereinbarung für ärztliche Kollegen:
E-Mail dka.tumororthopaedie@diakovere.de und Tel.: 0511 5354-520
Interdisziplinäre Knochen- und Weichteil-Tumorkonferenz an der Medizinischen Hochschule Hannover
jeden Montag 16:30–18:00 Uhr
Befundübermittlung
Telefax 0511 5354-685
Terminvereinbarung Tel. 0511 5354-333
Sektion Tumororthopädie Annastift
Ihre Ansprechpartner
Chefarzt

Prof. Dr. med. Henning Windhagen
Weitere Informationen
Die Diagnostik stellt einen wesentlichen Aspekt dar. Anhand der richtigen Bildgebung kann bereits ein Großteil der Diagnosen gestellt werden. Aufgrund der Seltenheit der Kochen- und Weichteiltumore bedarf es jedoch großer Erfahrung und eines interdisziplinären Spezialistenteams.
Zur Basisdiagnostik gehört die lokale Bildgebung bestehend aus Röntgen, Ultraschall, MRT und/ oder CT. Ergänzend sind dazu zum Teil weiterführende Bildgebungen (Staging Untersuchungen) wie ein Ganzkörper-CT (CT Thorax/ Abdomen), eine Skelettszintigraphie, ein PET-CT oder gefäßdarstellende CT/ MRT Untersuchungen notwendig. Bei unklaren Befunden oder dem Verdacht auf eine bösartige Raumforderung ist vor Therapieeinleitung eine ergänzende Probenentnahme zur definitiven Diagnosesicherung essentiell.
In Abhängigkeit des Befundes kommen verschiedene Verfahren zur Probenentnahme (Biopsie) in Frage. Bei oberflächlichen Weichteiltumoren ist häufig eine Stanzbiopsie in lokaler Narkose ausreichend. Bei Knochentumoren oder tiefer liegenden Weichteiltumoren ist in der Regel eine offene Biopsie in Vollnarkose notwendig.
Bei nicht fachgerecht durchgeführter Biopsie können die Konsequenzen durch perioperative Komplikationen oder falsche Platzierung des Zugangs gravierend sein, da dieser bei bösartigen Tumoren aufgrund der möglichen Kontamination mit Tumorzellen, reseziert werden muss. Daher gehört auch die Probenentnahme in die Hände von Spezialzentren.
Alternativ ist in einigen Fällen eine CT-gesteuerte Probenentnahme möglich, die durch die Kollegen des Instituts für diagnostische und interventionelle Radiologie der MHH durchgeführt wird.
Das entnommene Probenmaterial wird von den Kollegen des Instituts für Pathologie der MHH aufgearbeitet und untersucht.
In Zusammenschau aller Befunde wird im Rahmen der Tumorkonferenz das Therapieregime festgelegt.
Die interdisziplinäre Tumorkonferenz für Knochen- und Weichteilsarkome findet jeden Montag in der Medizinischen Hochschule Hannover statt.
In der Konferenz diskutieren die verschiedenen Fachdisziplinen jeden einzelnen Fall individuell und legen in Zusammenschau aller Befunde das weitere Therapieprocedere fest.
Folgende Kliniken und Institute arbeiten dabei Hand in Hand zusammen und nehmen an der Tumorkonferenz für Knochen- und Weichteiltumore teil:
- Klinik für Orthopädie
- Institut für Radiologie
- Institut für Pathologie
- Klinik für Unfallchirurgie
- Klinik für Hämatologie und Onkologie
- Klinik für pädiatrische Hämatologie und Onkologie
- Klinik für Strahlentherapie und spezielle Onkologie
- Klinik für Nuklearmedizin
- Klinik für Plastische, Ästhetische, Hand- und Wiederherstellungschirurgie
- Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie
Tumore des Muskel- und Skelettsystems stellen insgesamt eines der schwierigsten Erkrankungsbilder dar. Durch ein interdisziplinären Therapieregime aus Systemtherapie, Bestrahlung, Operation oder minimalinvasiven CT-gesteuerten Methoden lässt sich in den meisten Fällen eine weite Entfernung des Tumors erreichen. Dadurch ist - anders als in den früheren Jahren - ein Erhalt und die Funktionsfähigkeit der Extremitäten zu sichern und stellt dabei neben der Heilung eines der wichtigsten Ziele der Behandlung dar.
Schwerpunkte der operativen Therapie von Knochen- und Weichteiltumore im Annastift:
- Tumorendoprothetik
- Biologische Rekonstruktionsverfahren
- Operative Therapie von Knochenmetastasen
- Operative Therapie von Weichteilsarkomen
- Therapie von gutartigen Weichteil- und Knochentumore
Weichteiltumore
Weichteiltumore bilden eine sehr heterogene Gruppe, wobei der kleinste Teil bösartig ist. Weichteilsarkome umfassen alle Tumore des nichtepithelialen Gewebes (Muskulatur, Gefäße, Fettgewebe, Bindegewebe, ...) und können in über 50 verschiedene Subklassen differenziert werden. Da gutartige Weichteiltumore etwa 100 Mal häufiger auftreten als bösartige, ist eine präzise Diagnostik essentiell, um die richtige Therapie zu bestimmen.
Knochentumore
Es gibt primäre und sekundäre Knochentumore (Metastasen anderer Krebsarten). Primäre Knochentumore sind selten. Sie werden in gutartige und bösartige Formen unterteilt. Gutartige Tumore werden meist zufällig entdeckt und benötigen selten spezielle Therapie; oft reicht eine Kontrollbildgebung. Bei lokal aggressivem Wachstum oder starken Beschwerden ist eine frühzeitige chirurgische oder interventionelle Therapie notwendig.
Bösartige Knochentumore machen nur 0,2 % aller Krebsarten aus, treten jedoch häufiger im Kindes- und Jugendalter auf, wo sie 3-4 % der Krebsneudiagnosen ausmachen. Aufgrund ihrer Seltenheit sieht ein Orthopäde in einer 30-jährigen Praxislaufbahn etwa ein Osteosarkom. Knochensarkome wachsen lokal zerstörend und überschreiten oft die Knochengrenzen, wodurch Tumorzellen über die Blutbahn metastasieren können, besonders in die Lunge. Die häufigsten Knochentumore sind Osteosarkome, Chondrosarkome und Ewing-Sarkome.
Knochenmetastasen
Knochenmetastasen sind die häufigsten bösartigen Knochentumore und entstehen als Tochterabsiedlungen von Tumoren anderer Organe (Brust, Prostata, Lunge, Niere). Abhängig vom Primärtumor und dem Krankheitsverlauf kann durch lokale chirurgische Maßnahmen und ein multimodales Therapiekonzept eine Schmerzreduktion, Stabilisierung des Knochens und Verbesserung der Lebensqualität und Prognose erreicht werden. Das Ziel ist der Erhalt der Beweglichkeit und die Steigerung der Lebensqualität.
Nach Abschluss der Therapie ist es wichtig, dass der Patient regelmäßige Kontrollen erhält, um einen Rezidivtumor oder Tumorabsiedlungen frühzeitig zu diagnostizieren. Dazu empfiehlt sich eine regelmäßige Vorstellung in der speziellen Tumorsprechstunde, wo die Nachkontrollen koordiniert werden und anhand von Empfehlungen festgelegt wird, welche Untersuchungen in welchem Intervall notwendig sind.
Bei Auffälligkeiten erfolgt eine erneute Vorstellung des Falles in der interdisziplinären Tumorkonferenz.
Insgesamt empfiehlt sich bei bösartigen Knochen- und Weichteiltumoren ein Nachuntersuchungsintervall von 5 Jahren. Bei lokalisiertem Osteo- oder Ewingsarkom liegt die 5-Jahresgesamtüberlebensrate bei 60-70% und beim Chondrosarkom (gut differenzierter Typ) bei > 90%.