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    Vor 125 Jahren - am 7. November 1897 - gründete Anna von Borries das Annastift. Blicken Sie mit uns gemeinsam auf 125 Jahre im Dienste der Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen zurück

Autismus-Kompetenzzentrum

Junge Erwachsene mit Autismus-Spektrum-Störung (ASS) im Annastift Berufsbildungswerk 

Aktuell wird Autismus als tiefgreifende Entwicklungsstörung definiert, die auf einer veränderten Arbeitsweise des zentralen Nervensystems beruht. Die veränderte Wahrnehmungs- und Informationsverarbeitung führt individuell zu sehr unterschiedlich ausgeprägten Besonderheiten, insbesondere in den Bereichen sozialer Interaktion, Kommunikation und im Lernverhalten. Diesen Besonderheiten gilt es bei der Ausbildung Rechnung zu tragen, um einen erfolgreichen Abschluss und die Integration auf den allgemeinen Arbeitsmarkt zu verwirklichen. 

Grundsätzlich werden auch die Maßnahmen für junge Menschen aus dem Autismus-Spektrum durch die Beschreibungen in unserem Qualitäts- und Leistungshandbuch abgebildet. Um den Besonderheiten dieser jungen Erwachsenen gerecht zu werden, bedarf es jedoch verschiedener Anpassungen in der Förderplanung sowie spezieller autismusspezifischer Angebote, die unser Leistungsspektrum erweitern. 

Die Ergänzungen des Angebots werden von unseren Mitarbeiter*innen umgesetzt, die alle zum Thema Autismus geschult wurden. Zudem ist ein System von Mentor*innen installiert, das aus engagierten Mitarbeiter*innen besteht, die sich neben ihren hauptamtlichen Tätigkeiten als persönliche Ansprechpartner*innen für einen oder mehrere Menschen aus dem Autismus-Spektrum zur Verfügung stellen. Die Mentor*innen begleiten die betroffenen Teilnehmer*innen über den gesamten Zeitraum der Anwesenheit im Berufsbildungswerk als feste Bezugsperson und „Dolmetscher". Sie sind organisiert in einem „Arbeitskreis Autismus", der bei Bedarf vom Psychologischen Dienst unterstützt wird. Regelmäßig wird zudem Intervision für den kollegialen Austausch über Teilnehmende mit ASS angeboten. 

Zentral organisiert werden sämtliche Aktivitäten zum Thema Autismus durch Mitarbeiter*innen, die ausschließlich als „Fachreferent*in Autismus" im Berufsbildungswerk tätig sind und ein Zertifikat als Autismus Begleiter*in erworben haben. 

Die Anmeldung einer/s neuen Teilnehmenden löst den elektronischen Aktenumlauf aus. Durch diesen Vorgang erhalten die Mitarbeiter*innen des Ärztlichen und Psychologischen Dienstes sowie des Fachdienstes Autismus Akteneinsicht und haben somit einen ersten Überblick zu den vorliegenden Diagnosen. 

Bei der Anmeldung einer/s Teilnehmenden mit ASS wird die zuständige prozesssteuernde Kraft in Kenntnis gesetzt und der/m zukünftigen Teilnehmenden ein angepasster Autismus-Anamnesebogen zugesendet. Dieser Anamnesebogen stellt die Grundlage eines Vorbereitungsgespräches dar, welches vor der eigentlichen Aufnahme erfolgt. 
 
Im Vorbereitungsgespräch sind neben der/m Teilnehmenden auch der/die Prozessverantwortlichen, der/die Fachreferent*in Autismus, bei Bedarf weitere begleitende Fachdienste und in aller Regel die Eltern anwesend. So wird dieses Gespräch auch genutzt, um die autismusspezifischen Besonderheiten zu erfragen und um optimal auf die Aufnahme vorbereitet zu sein. 

Die Erkenntnisse des Vorbereitungsgespräches führen so zu einem ersten Förderplan, der auch die Informationen berücksichtigt, die durch den Autismus-Anamnesebogen erfasst oder durch die Angehörigen geäußert wurden. 

Die Informationen werden auch genutzt, um die Wohnsituation optimal zu gestalten. Der vom Leistungsträger vorgesehene Standard sieht üblicherweise die Unterbringung in einem Doppelzimmer unseres Internats vor. Fast alle Teilnehmenden mit ASS werden in Einzelzimmern untergebracht, außer es liegt der ausdrückliche Wunsch nach einem Doppelzimmer vor. Die Teilnehmenden am „Lernort Wohnen" werden bei der Entwicklung sozialer Kompetenzen und Alltagsfertigkeiten zusätzlich durch die Mitarbeiter*innen des Internats gefördert und im Verlauf der Maßnahme auf ein selbstständiges Leben vorbereitet. 

Um den Besonderheiten der Teilnehmenden mit ASS gerecht zu werden, bieten wir auch Wohnformen mit mehr Rückzugsmöglichkeiten an, die durch Unterbringung im Einzelzimmer in einer Außenwohngruppe oder in einem Einfamilienhaus - ausschließlich für Teilnehmer*innen mit Autismus - umgesetzt werden kann. Ziel der pädagogischen Arbeit im Wohnbereich ist immer, die Teilnehmer*innen zu befähigen, im Anschluss an ihre Ausbildung ein eigenständiges, inklusives Leben zu führen. 

Zur spezifischen Förderung der Menschen mit ASS werden folgende Leistungen angeboten: 

  • Feste Zuordnung eines/r speziell geschulten Mitarbeiters*in  (Mentor*in)
  • Teilnahme an der Trainingsgruppe „Soziales Kompetenztraining für Menschen mit ASS" (SoKo ASS) 
  • Anpassung des Arbeitsplatzes 
  • Individuelle Maßnahmengestaltung 
  • Timeout-Raum als Rückzugsmöglichkeit 
  • 14-tägiges Coaching mit dem/r Mentor*in, dem/r Fachreferenten*in Autismus  und/oder dem/der Psycholog*in
  • Intensive Vorbereitung von Übergängen (z.B. betriebliche Phasen, BvB-Ausbildung, Berufsschule, etc.) 
  • Anpassung von Prüfungssituationen über den Nachteilsausgleich 
  • Elternarbeit 

Optional: 

  • Entspannungstraining 
  • Ergotherapie 
  • Squeeze-Weste  
  • Abschirmung von akustischen und/oder optischen Ablenkreizen 
  • Neurofeedback 

Eine zentrale Rolle kommt den Mentor*innen zu, die in Zusammenarbeit mit dem Reha-Team problematische Situationen erkennen und autismusspezifisch anpassen. Hierzu gehören oft Veränderungen, die im Laufe der Ausbildung stattfinden. Wechselnde Zuständigkeiten werden soweit wie möglich vermieden und, falls unvermeidbar, intensiv betreut. Dazu gehört auch das Coaching betroffener Mitarbeiter*innen hier im Haus, in Kooperationsbetrieben und in den Berufsschulen. 

Die verpflichtende Teilnahme am Sozialen Kompetenztraining, welches konzeptionell auf die besonderen Bedarfe von jungen Erwachsenen mit ASS ausgerichtet ist, soll die Entwicklung von Fähigkeiten sicherstellen, wie sie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorausgesetzt werden. Dieses Training wird in Kleingruppen (max. 6 Teilnehmer*innen) regelmäßig angeboten. Die hier besprochenen Themen können bei Bedarf in Einzelgesprächen im Psychologischen Dienst vertieft werden. Eine Anmeldung zu weiteren Trainingsmodulen erfolgt über die Rehaplankonferenzen.

Gerade die Ausbildung von Teilnehmer*innen mit ASS setzt eine enge Vernetzung mit den bereits vorhandenen Akteur*innen voraus. Daher muss der Zusammenarbeit mit den Eltern bei minderjährigen und mit Zustimmung der volljährigen Teilnehmer*innen und der Kooperation mit den Institutionen, die bisher für die Förderung zuständig waren, eine ganz besondere Bedeutung zugemessen werden. Dies drückt sich auch darin aus, dass Eltern bei Bedarf zu Rehaplankonferenzen eingeladen werden und der Kontakt z.B. zum/r behandelnden Neurolog*in, zum Autismus-Therapie-Zentrum oder zum/r Psychotherapeut*in hergestellt wird. Einmal jährlich findet ein großer Elternsprechtag statt, zu dem die Angehörigen der Teilnehmenden mit ASS eingeladen werden. 

Eine besondere Herausforderung für die jungen Menschen aus dem Autismus-Spektrum stellen betriebliche Phasen dar, da die Routinen und Rituale, die hier im Hause für Stabilität sorgten, nun aufgegeben bzw. angepasst werden müssen. Bei der Entwicklung einer optimalen Stabilität, auch im Betrieb, leisten die beteiligten Mitarbeiter*innen des Berufsbildungswerkes Unterstützung. Dazu gehört die Auswahl des richtigen Unternehmens, eine eventuelle Anpassung der Arbeitsbedingungen, die Information der betroffenen Mitarbeiter*innen des Betriebes und die Vorbereitung der/des Teilnehmenden auf die veränderten Umstände. An dieser Stelle wird vor allem der/die zuständige Mentor*in/Fachreferent*in aktiv. 

Für eine nachhaltige Integration benötigen unsere Absolvent*innen mit ASS auch nach Abschluss der Ausbildung eine besondere Unterstützung und Hilfestellung bei der Suche und Erhaltung eines passenden Arbeitsplatzes. Diese wird von unserem Eingliederungsteam in Zusammenarbeit mit den bisher zuständigen Fachreferent*innen Autismus oder den Mentor*innen für mindestens 6 Monate gewährleistet. 

Vorbereitend treffen sich Mentor*in/Fachreferent*in, bei Bedarf der/die Internatsbetreuer*in, der/die Case Manager*in und der/die zuständige Mitarbeiter*in des Eingliederungsteams. Dieses Treffen wird für die Erstellung eines Stärken-Schwächen-Profils genutzt, das ergänzend zum Eingliederungsprofil (welches lediglich auf fachliche Fähigkeiten Bezug nimmt) Hinweise auf weiteren Förderbedarf bei der Aufnahme und beim Erhalt einer Arbeit geben soll. 

Die Eingliederungsquote auf den allgemeinen Arbeitsmarkt wird am ersten Tag nach Ende der Maßnahme, nach 6 und nach 12 Monaten für Teilnehmende aus dem Autismus-Spektrum gesondert erhoben.

 

Ihre Ansprechpartner*innen

Verena Drescher
Fachreferentin Autismus
Telefon 0511 8603-442
verena.drescher@diakovere.de 

Mirko Feuerhahn
Fachreferent Autismus
Telefon 0511 8603-456
mirko.feuerhahn@diakovere.de

Astrid Reuter
Fachreferentin Autismus
Telefon 0511 8603-769
astrid.reuter@diakovere.de

 
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